Auf unserer Reise sind euch schon so einige Matros*innen, Kapitäne, Offizier*innen und Steuermänner wie -frauen begegnet. Heute wollen wir euch zwei weitere wichtige Crew-Mitglieder vorstellen, die bisher eher im Verborgenen arbeiten, obwohl sie ein wichtige Rolle dabei spielen, unsere Schätze zu heben: Linda Kleemann und Tom Leppert vom Heldenrat GmbH sind ihres Zeichens Evaluator*innen der Kulturhanse. Was sie genau evaluieren und für was das gut ist, erklären sie Schiffschronistin Rike im Interview.
1. Tom und Linda, stellt euch doch mal kurz vor!
Wir engagieren uns schon seit über zehn Jahren beim Heldenrat. Seit 2005 berät der Heldenrat soziale Projekte und Initiativen. Im Verein machen wir das ehrenamtlich und kostenfrei für kleine Projekte, in seiner Tochter, der Heldenrat GmbH hauptamtlich. Allerdings beraten wir dort hauptsächlich Unternehmen, die sich verändern und dabei Kompetenzen aus dem sozialen Sektor für sich nutzen wollen. Größere Stiftungen und gemeinnützige Organisationen zählen aber auch zu den Partner*innen. Tom hat in der Vergangenheit viel zu Engagement, Sozialunternehmertum und Digitalisierung gearbeitet, Linda beschäftigt sich ebenfalls mit Sozialunternehmertum und führt hauptberuflich und beim Heldenrat Evaluierungen durch.
2. Was genau evaluiert ihr in der Kulturhanse?
Wir wollen herausfinden, ob der Ansatz von Gründungslaboren geeignet ist, einerseits das Gemeinwohl vor Ort zu stärken und ob er andererseits auch positive ökonomische Wirkungen auf die Gründer*innen und die Engagierten hat. Das ist relativ anspruchsvoll, weil diese Fragen fast jeder auf seine bzw. ihre Weise interpretiert, es kaum Basisdaten gibt und Veränderungen nur schwer den Laboren zuzuschreiben sind. Wir arbeiten daher mit Beispielen und punktuellen Veränderungen, sowie wo möglich auch mit quantitativen Daten.
3. Wie entsteht das Wirkungsmodell der Kulturhanse? Könnt ihr es beschreiben?
Jedes Labor hat seine eigene Vorstellung davon, was und wie es wirkt. Daher ist es für uns wichtig, nicht mit einem vorgefertigten Modell anzukommen, sondern genau diese Vorstellungen abzufragen und möglichst für alle drei Standorte zusammenzuführen. Daher haben wir uns in den ersten Monaten intensiv mit den Laboren und dem Projektträger*innen ausgetauscht, um das jeweilige Verständnis aufzunehmen. Im zweiten Schritt haben wir dann einen Vorschlag für ein gemeinsames Modell mit den Laboren diskutiert und weiter operationalisiert. Dieses Modell ist für jeden Standort individuell entwickelt. Wir haben aber auch gemeinsame und vergleichbare Elemente für die Kulturhanse insgesamt gefunden. In einigen Wochen werden wir nochmal mit den Laboren sprechen, ob das Modell auch nach den ersten praktischen Erfahrungen dafür geeignet ist, Daten vor Ort zu erheben.
4. Worin unterscheiden sich die Partnerlabore (in ihren Wirkungsmodellen)?
Die Frage, was die Labore eigentlich unter Gemeinwohl verstehen, ist besonders interessant: Für die einen ist es die Stärkung der Freien Szene in einer Stadt, für die anderen eher die partizipative Mitwirkung an Stadtentwicklung. Wieder andere wollen Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit herausholen. Wir haben uns auf die Kriterien der Gemeinwohlökonomie als gemeinsames Raster verständigt. Menschenwürde, Solidarität, Ökologische Nachhaltigkeit, Soziale Gerechtigkeit, Demokratie, Mitbestimmung und Transparenz sind dabei die wesentlichen Kriterien. Die Labore setzen unterschiedliche Schwerpunkte, die wir bei unseren Beobachtungen berücksichtigen wollen.
5. Wo gibt es – nach jetzigem Stand – Gemeinsamkeiten?
Die große Gemeinsamkeit ist natürlich der Ansatz an Individuen und ihren Gründungsideen. Alle Labore eint, dass sie über die Beförderung einzelner und ihrer gemeinwohlorientierten Projekte einen Impuls für weitere Effekte über das individuelle Projekt hinaus geben können. Deshalb ist auch bei allen Laboren Vernetzung, Austausch untereinander und gemeinsames Lernen ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit. Das bildet eine weitere Gemeinsamkeit. Dass alle Labore jenseits rein ökonomischer Effekte die lokale Gemeinschaft mit ihren individuellen Herausforderungen im Blick haben, ist die dritte große Gemeinsamkeit.
6. Stichwort Mehrwert: Inwiefern werden die Evaluationsergebnisse für andere Projekte/Evaluator*innen/ Entscheidungsträger*innen interessant sein?
Wenn es gelingt, tatsächlich positive Effekte der Labore auf das Gemeinwesen nachzuweisen, wäre das eine wichtige Argumentationshilfe für die weitere Verbreitung dieses Förderinstrumentes. Wir wissen ja, dass besonders die Zusammenarbeit mit der lokalen Stadtverwaltung und Politik ein wichtiger Erfolgsfaktor ist. Wenn man dafür auf solche Effekte hinweisen kann, würde das den Zugang dorthin sicher erleichtern. Außerdem wäre es natürlich von großem Interesse, einzelne Maßnahmen und ihren Beitrag zur Wirkung besser zu verstehen. Welche Rolle hat die individuelle Qualifizierung? Helfen öffentliche Veranstaltungen wirklich, um gemeinwohlorientierten Gründungsgeist über die Stipendiat*innen hinaus zu verbreiten? Welche Angebote helfen den Stipendiat*innen wirklich? Eine Antwort auf solche Fragen könnte helfen, auch zukünftige Angebote dieser Art noch effektiver zu gestalten.
Foto von Tom Leppert: Henning Schacht